Anita Siegfried
Autorin und Schreib-Coach
Autorin und Schreib-Coach
Anita Siegfried ist Autorin von Kinder- und Erwachsenenbüchern und als Schreib-Coach beim Schulhausroman und beim Jull (Junges Literatur Labor) in Zürich engagiert.

Das nicht auch noch, dachte sie, und ihr Herz schnürte sich zusammen, so jung, fast ein Kind noch, auch er würde sterben, sie sah es in seinen fiebrigen Augen, wieder ein blühendes Leben vor die Säue geworfen. Auf der Zapfsäule ein goldenes Schimmern, im Raum hing ein Geruch von Desinfektionsmitteln, erkaltetem Zigarettenrauch und altem Holz, und Blanche ahnte, dass sie, was die Männer betraf, ihre Vorsätze überdenken musste.
Anita Siegfried
2023-10-28T11:33:51+02:00
https://www.anitasiegfried.ch/testimonials/blanchefleur/
Lynn besitzt ein HEFT. Der Umschlag ist sonnenblumengelb und glänzt. Innen hat es feine hellblaue Linien. Da hinein schreibt sie allerlei Dinge, die ihr gerade in den Sinn kommen. Wichtige Dinge. Wörter, die geheimnisvoll klingen. Wörter, die glänzen. Zum Beispiel grandios. Zum Beispiel Blutgefässe. Die letzten paar Wörter, die sie hineingeschrieben hat, heissen: Principessa, Nespole, Casalpusterlengo, riskant, Evening Glory. Lynn fügt jetzt die Wörter Zourabichvili (Prinz von) hinzu.
aus: Kleine Schwester der Nacht (1999)
Anita Siegfried
2015-07-14T14:57:30+02:00
aus: Kleine Schwester der Nacht (1999)
https://www.anitasiegfried.ch/testimonials/112/
Endlich sieht Inaldo Luana die Strasse herauf kommen. "Schnuckelchen! Wie geht es dir?" Sie tritt in den Innenhof und schiebt mit einem Fuss die Tür hinter sich zu. Dann steht sie vor ihm. Sein Blick gleitet über ihre satten braunen Beine, dem Blumenmuster des Minirocks entlang hinauf, über die festen kleinen Brüste, die kindlichen Schultern und bleibt an ihren Lippen hängen. "Eh, amor, hast du mir eine Zigarette?" Luana steckt dem Alten eine Hollywood in den Mund und gibt ihm Feuer. "Was ist, Schätzchen, sagst du mir nicht guten Tag?" Luana schüttelt den Kopf. Sie hat beschlossen, heute so wenig wie möglich zu reden. Nur gerade das Allernötigste.
aus: Drei Minuten (2012)
Anita Siegfried
2015-07-14T15:17:29+02:00
aus: Drei Minuten (2012)
https://www.anitasiegfried.ch/testimonials/drei-minuten/
Alfredo Jesus Saluib, Wiper auf der NYK Paradise, Route Hamburg - Buenos Aires - Hamburg, roter Overall, Salz in Mund und Nase, geht über das Deck backbord, zweihundertsiebzig Schritte vom Heck bis zum Bug. Zur Linken tief unter ihm die Schleppe der Bugwelle milchigweiss schäumend. Zur Rechten türmen sich die aufeinander gestapelten Container himmelwärts. Den Anstrich der Böden, grasgrün, hat Alfredo heute Morgen mit Süsswasser aus der Hochdruckdüse abgespritzt. Täglich wird die Haut des Schiffes geschrubbt, selbst bei Regen.
aus: Wie viele Sterne (2008)
Anita Siegfried
2015-07-14T15:11:37+02:00
aus: Wie viele Sterne (2008)
https://www.anitasiegfried.ch/testimonials/wie-viele-sterne/
Sie spielten schweigend. Ab und zu trafen sich ihre Blicke über dem Schachbrett, einmal berührten sich wie zufällig ihre Fingerspitzen über den duftenden Holzfiguren. Ihre Augen und Hände woben ein Netz. Es war geknüpft aus flüchtigen Blicken und nicht zu Ende geführten Gesten, die innehielten, bevor sie zu Berührungen wurden. Mit unsichtbaren Fäden breitete sich das Netz in der Stille aus. Das Spiel zog sich hin. Yusuf war im Vorteil, aber es wurde Abend und nichts war entschieden. Alinor bedeutete ihm, dass sie gehen musste.
aus: Alinors Lied (1996)
Anita Siegfried
2015-07-14T15:18:45+02:00
aus: Alinors Lied (1996)
https://www.anitasiegfried.ch/testimonials/alinors-lied/
Mitten in der Nacht hört er leise Schritte. Condwîr-âmûrs kommt herein geschlichen. Starr vor Schreck liegt er still. Sie legt sich zu ihm ins Bett. «Ich habe Angst», flüstert sie und drückt sich an ihn. Er legt seinen Arm um sie, etwas anderes kommt ihm nicht in den Sinn. So liegen sie beide bewegungslos im Dunkel. Condwîr-âmûrs weint sich an Parzivals Brust aus, bis sie endlich einschläft. Er lauscht auf ihren ruhigen Atem. ‹Für sie würde ich mein Leben geben›, denkt er, bevor auch er einschläft. Als er erwacht, ist der Platz neben ihm leer.
aus: Parzival. Der rote Ritter (2009)
Anita Siegfried
2015-07-14T15:13:22+02:00
aus: Parzival. Der rote Ritter (2009)
https://www.anitasiegfried.ch/testimonials/parzival-der-rote-ritter/
Ich zeichne sie gerne, diese "Prinzen der urbanen Wüste", diese delirierenden Provokateure, den Sarkasmus ihrer Gesichter, die Farben einer Welt, wo Jugend und Freude am Leben in einem tragischen Konzert die Hinterlist des Todes streifen.
Anita Siegfried
2023-10-28T11:14:52+02:00
Ich zeichne sie gerne, diese "Prinzen der urbanen Wüste", diese delirierenden Provokateure, den Sarkasmus ihrer Gesichter, die Farben einer Welt, wo Jugend und Freude am Leben in einem tragischen Konzert die Hinterlist des Todes streifen. https://www.anitasiegfried.ch/testimonials/1759/
Das also war er, dessen lasterhafter Ruf die Londoner Salons durchwehte wie der Name einer ansteckenden Krankheit, wie der Duft eines zu schweren Parfums, sinnenbetörend und giftig, und auch nicht Halt machte vor den Kammern der Bediensteten, die das ihnen Zugetragene allzu bereitwillig weitergaben. Wortfetzen, dunkel im Klang und beunruhigend, waren durch Flure und Zimmer geschwirrt, die kleine Ada hatte sich unsichtbar gemacht und angespannt gelauscht, wenn über ihren Vater gesprochen wurde.
aus: Die Schatten ferner Jahre (2007)
Anita Siegfried
2015-07-14T12:03:41+02:00
aus: Die Schatten ferner Jahre (2007)
https://www.anitasiegfried.ch/testimonials/die-schatten-ferner-jahre/
Der winzige Punkt, der über den Himmel eilt, Lucas hat ihn letzte Nacht gesehen, dieser Punkt ist langsamer als eine Sternschnuppe, aber schneller als ein Flugzeug, 228 Kilometer Höhe, 83,6 kg schwer, Helligkeit von Größe 0 bis 1, Umlaufszeit 96,2 Minuten. 303 Mal hat er bis jetzt die Erde umkreist. In der Zeitung sah der Sputnik aus wie ein Spielzeug, eine lächerliche Kugel mit vier abstehenden Antennen, und auch der Name passt irgendwie nicht dazu. Aber dass der Sputnik von den Russen hinaufgeschossen worden ist, das ist schon gefährlich, und wozu überhaupt, und gefährlich ist er vor allem, weil er etwas mit dem Kalten Krieg zu tun hat.
aus: Die Ufer des Tages (2000)
Anita Siegfried
2015-07-14T15:14:29+02:00
aus: Die Ufer des Tages (2000)
https://www.anitasiegfried.ch/testimonials/die-ufer-des-tages/
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Anita Siegfried